Reinhard Döhl | Ludwig Harig
Poetische Wechsel | Fragmente eines Dialogs

Bibliographie

Gemeinsame Lesungen | Auftritte
- 1960 Herbsttagung der Gruppe 47
- 1.6.1962 Freiburg, zus. mit Elisabeth Borchers.
- 1.12.1962 Bücherdienst Eggert, Stuttgart: Calender Blätter Matinee. Zus. mit Max Bense, Gerhard Rühm, Elisabeth Borchers und Manfred Esser.
- 22.3.1963 Wiesbaden. Amt für Kulturpflege: Verleger und Autoren. Der Limes-Verlag stellt vier Autoren vor. Max Niedermayer spricht über den Verlag. Hans Peter Keller, Grete Weil, R.D., L.H. lesen aus ihren Werken. Städtisches Museum Wiesbaden: Großer Ausstellungssaal.
- 29.10.1963 Paris, Biennale: L'Ecole de Stuttgart, mit Manfred Esser (Présentation) und Texten von Döhl, Harig, Heissenbüttel.
- 9.10.1965 Stuttgart, Niedlichs Bücherdienst Eggert: Döhl: Prosa zum Beispiel / Harig: Reise nach Bordeaux.
- 29.7.1966 Hof, Tage für neue Literatur. Döhl: Es Anna / Harig: Sprechstunden
- 21.11.1967 Stuttgart, Stuttgarter Buchausstellung 1967, Landesgewerbemuseum, zusammen mit Bense, Gomringer, Heißenbüttel, Jandl, Kriwet, Mon, Rot, Rühm, Schäuffelen, Schmidt. - [Rekonstruktion dieser Lesung am 14.9.1994 im Wilhelmspalais im Rahmen der Stuttgarter "Wort für Wort"-Veranstaltungen "Präzise Vergnügungen. Max Bense - Zeichen und konkrete Texte oder Als Stuttgart Schule machte".]
-  2.-6-Juli 1968 im Rahmen der Tagung "Die neuere Literatur und der Deutschunterricht an den Gymnasien" auf der Staatlichen
Akademie Comburg
- 18.7.1969 Stuttgart, Evangelischer Kirchentag, Liederhalle, zusammen mit Esser, Heißenbüttel, Mader.
- 3.12.1982 Stuttgart, Künstlerhaus Reuchlinstr. Stuttgarter Schule-Lesung zus. mit Esser, Harig, Bense, Reichert, Roth. [Rez. Stgt Nachrichten 9.12.1982.]
22.9./24.9.1994 Stuttgarter Gruppe. Es lesen Ludwig Harig und Manfred Esser / Reinhard Döhl und Franz Mon

Radiosendungen, Rezensionen etc.
Döhl:
- Zwei Saarländer in Stuttgart. Saarbrücker Zeitung 21.5. 1963.
- Ludwig Harig: Ein Portrait. Saarheimat Jg 7, H. 10, 1963
- [Einleitung zu] Ludwig Harig: Die Kneipe. WDR 12.2.1964 [auch Radio Bremen?]
- Eröffnungen, Nr 15 u. 16 [Kooperation bei der Zusammenstellung der Anthologie zur Pataphysik]
- Schaufensterrezension von Quenaus "Taschenkosmogonie", übers. von Ludwig Harig [Kritisches Jahrbuch 1, Stuttgart: Niedlich 1966]
- "Ordnung ist das ganze Leben". Stuttgarter Nachrichten 1.10.1986
Harig:
- Rez. aus den botnanger sudelheften. DIE ZEIT ???

Aufeinander bezogene und Gemeinschaftsarbeiten
Döhl:
- fall eines domherrn
- auf einen brief ludwig harigs aus kärnten vom 7.8.63
Döhl/Harig:
- buchhandlungen und bücher [Mischtext]
- Hans und Grete. Eine deutsche Sprachlehre in Muster möglicher Welten. Anthologie für Max Bense, 1970
- 11 von 13 decollagen / anläßlich der vermehlung richard wagners mit cosima von bülow am 25. august 1870 / dem geburtstage
des königs ludwig II von bayern und dem namenstage des autors ludwig harig / grande fécial consort qui est le 2e fils ubu / verfaßt
von demselben und seinem jungfräulichen freunde reinhard döhl / commandeur exquis de l'ordre qui est le petits fils ubu / zur
hundertsten wiederkehr dieses tages am 25. august 1970. In: Richard Wagner Stunden Lecker. Hof: Verlag für neue Literatur
1970, S. 9-19
Jürgen Becker/Döhl/Harig/Johann M. Kamps: Türen und Tore. WDR 1971
Harig:
- Zu Reinhard Döhls Vortrag über Hans Arp, Geburtstagsfeier für Arp/Döhl in Niedliches Buchladen
- Gedichte Harigs auf Postkarten an Döhl zu verschiedenen Anlässen
Döhl:
- Der Eber macht es in der Brache
Harig/Döhl:
- Wunderliche Sachen

Die Texte

fall eines domherrn | Auf einen Brief Harigs | Buchhandlung und Bücher | hans & grete | 11 von 13 decollagen | Türen und Tore | Zu Reinhard Döhls Vortrag | Der kleine BrixiusWunderliche Sachen

fall eines domherrn [döhl]
der gorgonische sommer ging mit gorgo zu bett frau holle zu tal der rotschopf die weißhaut neuwied und neapel stuttgart und sulzbach versteint das fäkale fossil fötus und fatum den finger drauf und siehste da haben wir schon den salat die bescherung mit luckel luckel messalina jeanno pipsirikit laissez faire laissez passer le plaisier vom priapustekuchen ein stück schönheit als zufällige begegnung eines regenschirms und einer nähmaschine auf einem operationstisch schreiße er war schon immer der bauchnabel der welt buddha im westdrift der weiße wal pierre aus paris piff paff puff louis trois von der saar dem keiner an der wiege sang daß und die atombombe schon für ein haiku dems fast die stimme verschlug als er die betonmaschinen das zwitschern lehrte peng sagte die jungfrau bei meinem grünen kerzenstil er war schon immer der bauchnabel der welt schlug ihr ein schnippchen weißer wal im westdrift feste wal on de achtern bei schlaf butt ha gourmet tripp tripp die laufende flöte laut als sähe sie ihres käfigs stäbe nicht worte für worte im trüben gefischt die hühner gesattelt vor bulemanns haus geritten dem teufel vor die schmiede gegangen dem himmel übers kreuz eins gehustet in den schutt geschlenzt getrixt das rund leder fan luther im kreuz lehrer in lausiger zeit louis trois aus paris pierre von der saar auf der schmelz das lukullische mahl gerichtet chianti unter den wortschutt gemengt den wortsalat garniert die eier geschliffen das brot gebrochen die messer gewetzt das wortfleisch geschnitten gebissen gepökelt das ganze der nicht vom himmel aber von den hügeln der bourbogne von rouge roter buddha den bäckern und konditoren freundlich die brezeln zum frühstück doch champagner hat er gewettet der schlaue schlawiner pierre aus paris louis trois von der schmelz louis guillaume poilu commandeur et capitulaire de la grande gidouille.

[1963. texturen 7/63]

Auf einen Brief Harigs [Döhl]
ferne dem lieblichen thal an der sulz dem kreise der lieben
scheinet dennoch der mond durch die thür mit dem herzen
geußt sein kirchenlicht aus über mensch vieh und dörfer
siehe es kömmt über alles hinieden was schwanz hat und beine
packt eine geile wut und die körper geraten ins schwitzen
über die stöße des HErrn steigt das gekicher des weibs
donnernd schlagen die fürze über den ärschen zusammen
es stinkt gen himmel doch listig rauschen die winde
lispelnd durch feder und stroh wenn die matraze empfängt
was der hoden nicht hält müde erhebt sich vors bett
der erschöpfte besteiger drei mal kräht' schon der hahn
auf dem mist und die sonne fährt über den himmel.

[1963, mehrere entwürfe]

Buchhandlung und Bücher [Mischtext] [Döhl/Harig]
Wer Bücher verkauft, verrät auch seine liebe Großmutter. Etwa eine fiktive Landschaft aus Buchstaben Silben Wörtern und Sätzen. Wer seine liebe Großmutter verkauft, verrät auch Bücher. Etwa eine fiktive Landschaft in gebundener und ungebundener Rede. Wer Bücher verrät, verkauft auch seine liebe Großmutter. Etwa eine fiktive Landschaft ohne Landessprache. Wer seine liebe Großmutter verrät, verkauft auch Bücher. Etwa eine fiktive Landschaft ein Arkadien aus Karos Mustern und Modellen in gebundener und ungebundener Rede. Wer Bücher verkauft, liebt auch seine verratene Großmutter. Etwa eine fiktive Landschaft ein fiktives Arkadien die etwas abseits. Wer seine verkaufte Großmutter liebt, verrät auch Bücher. Etwa eine etwas abseitige fiktive Landschaft etwa in einer Nebenstraße. Wer Bücher verrät, liebt auch seine verkaufte Großmutter. In einer fiktiven Nebenstraße etwa mit einem Schaufenster. Wer seine verratene Großmutter liebt, verkauft auch Bücher. Etwa ein fiktives Schaufenster in dem etwa Modelle oder Muster fiktiver Landschaften in gebundener und ungebundener Rede die etwas abseits. Wer Bücher liebt, verrät auch seine verkaufte Großmutter. Oder etwa eine Kaffeemaschine in einer etwas abseitigen fiktiven Landschaft etwa eine fiktive Kaffeemaschine und etwa der Geruch von schwarzem Kaffee. Wer seine Großmutter liebt, verkauft auch verratene Bücher. Ein geistiges Klima ohne Landessprache oder Klimaanlage etwa und der fiktive Geruch von schwarzem Kaffee. Wer Bücher liebt, verkauft auch seine verratene Großmutter. Etwa Spuren von grauen Zellen etwa ein geistiges Klima. Wer seine Großmutter liebt, verrät auch verkaufte Bücher. Etwa die fiktiven Spuren von grauen Zellen in einer fiktiven Landschaft etwa in einem etwas abseitigen fiktiven Arkadien in gebundener und ungebundener Rede selbstredend. Wer Bücher vergroßmuttert, verrät auch seinen lieben Verkauf. Selbstredend eine fiktive Landschaft die etwas abseits. Wer seinen lieben Verkauf vergroßmuttert, verrät auch Bücher. Selbstredend eine etwas abseitige fiktive Landschaft mit Klima Kaffeemaschine und Schaufenster in gebundener und ungebundener Rede. Wer Bücher vergroßmuttert, verliebt auch seinen verratenen Verkauf. Selbstredend eine etwas abseitige fiktive Landschaft etwa in einer Nebenstraße etwa in einer schmalen Straße. Wer seinen verratenen Verkauf vergroßmuttert, verliebt auch Bücher. Etwa in einer fiktiven Buchhandlung in gebundener oder ungebundener Rede. Wer Bücher vergroßmuttert, verrät auch seine verkaufte Liebe. Etwa in einer fiktiven Buchhandlung ohne Landessprache. Wer seine verkaufte Liebe verrät, vergroßmuttert auch Bücher. Etwa in einer fiktiven Buchhandlung in gebundener und ungebundener Rede. Wer Bücher vergroßmuttert, verkauft auch seine verratene Liebe. Etwa in einer fiktiven Buchhandlung aus Buchstaben Silben Wörtern und Sätzen. Wer seine verratene Liebe verkauft, vergroßmuttert auch Bücher. Etwa in einer fiktiven Landschaft aus Buchstaben Silben Wörtern und Sätzen.

[1966]

hans & grete. eine deutsche sprachlehre. [Döhl/Harig]

das recht der übersetzung ist vorbehalten. erstes kapitel

heute gings im dorf noch lustiger zu als am tage vorher. jetzt wars mittagszeit und ein so klarer und sonniger herbstmittag, wie man sich nicht klarer und sonniger wünschen kann. in der schenke standen alle fenster auf und aus den offenen fenstern schallte singen und lärmen und zwischendurch ein heller jauchzer welt ins dorf hinein. du, sagte die eine, heute dauerts aber lange. es war kein wunder, daß die kleineren dorfjungen heulend davon liefen. sie kommen zu euch zuerst, nachbar, sagte der bäcker. ja, das tun sie, das tun sie, sagte herr wesemeier. so gings das dorf hinab von haus zu haus. du mußt! du mußt! schrien sie von allen seiten. und ich will nicht! sagte der hans. das hatte denn die lustigkeit nur erhöht. der schulmeister war schon ein ältlicher mann. ja, sagte das mädchen schüchtern. der hans war, wie die grete ihn ansah, nicht minder bleich geworden. seine augen fuhren ihm wild im kopf herum. aber vater, sagte das mädchen. und weinte bitterlich

na, na! das ist nicht ganz so schlimm meinte der vater. du kannst es mir glauben, es ist nicht an dem. bemühe dich, deine pflichten gewissenhaft zu erfüllen. du mußt dir nur zu helfen wissen. lerne leiden, ohne zu klagen. es ist nicht angebracht, die vorschriften außer acht zu lassen. es ist ratsam, das bürgerliche gesetzbuch zu kennen. einem jeden das seine und mir das meine. wer a sagt, muß auch b sagen. ein walzer im dreivierteltakt ist immer beliebt. die ersten werden die letzten sein. wenn ihr ungehorsam seid, so ist es euer schaden. sie sind zu recht verurteilt. es gibt hier kein wenn und kein aber. jede sache hat ein für und wider. mancherlei unbrauchbares sammelt sich zum wegwerfen an. die räumung hat absprachegemäß stattgefunden. das vertilgen des ungeziefers geschieht durch spatzen; ob würmer oder raupen, sie fressen alles. um die ordnung des staates aufrechtzuerhalten, werden streitkräfte eingesetzt. die polizei konnte noch rechtzeitig dazukommen. sie wird sich die waffe nahe legen, um sie gleich bei der gefahr zur hand zu haben. alles störende wurde entfernt; es herrschte ruhe.

zweites kapitel

es war abend geworden. manchmal schauerte es ganz leise durch die pappeln. dort blieb sie stehen und holte tief atem wie jemand, der ein gefährliches abenteuer glücklich überstanden hat. aber sie hatte es sehr verstohlen tun müssen. hinter der stubentür ein paar augenblicke, ein paar minuten auf dem boden, ein paar in dem ziegenstall, ein paar am brunnen. hier draußen wars besser. ach! der liebe mond hatte schon mehr als einmal da oben gestanden. daß sie ihn so wiedersehen mußte. siehst du grete, das kommt davon, wenn man gottes wort nicht fürchtet. hundert kleine geschichten fielen der treuen seele ein. ja, ordentlich leicht wars der grete ums herz geworden. sie hatte es früher nie getan, und jetzt geschah es so oft! dann aber hatte sie sich daran gewöhnt, hatte ein vaterunser gesprochen und immer hinzugefügt: und behüt mir meinen hans, lieber gott. da war es ihr immer gleich so sonderbar ums herz. brum, brum, brum, ging der baß. das schnitt ihr jedesmal durch die seele. der vater hatte ihr das nie erlaubt. und jetzt stand sie wieder auf den füßen, am ganzen leib zitternd vor schreck und liebe und zorn. der hans stand daneben, ließ den kopf und die langen arme hängen und sprach kein wort. gretel, sagte hans, gretel. denn grete wollte nun nicht mehr weglaufen, weder nach hause noch in den teich. geschehen ist nun mal geschehen, ich will nicht wieder mit den alten geschichten anfangen. sie werden mich alle haben wollen, und wer am besten zahlt, der soll mich haben. hans aber wollte nichts davon wissen, und so heiß werde auch nichts gegessen, als es gekocht werde. das ging dem hans vom munde wie wasser vom mühlrad. und grete mußte lachen einmal übers andere. der lange hans sagte gar nichts. dummes zeug, sagte der vater. es war so heiß im zimmer, sagte grete. aber der alte verstand sich auf die gänsesprache nicht.

na, na! das ist nicht ganz so schlimm, meinte der vater. du kannst es mir glauben, es ist nicht an dem. sich regen, bringt segen. zu arbeiten ist des menschen pflicht. wer beizeiten spart, hat im alter keine sorgen. nicht durch faulenzen, sondern durch arbeiten kommt man zum ziel. du solltest lieber arbeiten, anstatt zu faulenzen. die arbeiter werden gut entlohnt. die gutentlohnten arbeiter sind zufrieden. die hochbezahlten angestellten kosten sehr viel geld. die angestellten werden hoch bezahlt. durch arbeien kann man vorwärtskommen. das wohnungsamt stellt minderbemittelten billige wohnungen zur verfügung. kein geringerer als der staat hatte die preise um ein geringes erhöht. die armen leute bedankten sich bei den reichen. der vagabund war aufs betteln aus und nicht aufs arbeiten. das vertilgen des ungeziefers geschieht durch spatzen; ob würmer oder raupen, sie fressen alles. um die ordnung des staates aufrechtzuerhalten. werden streitkräfte eingesetzt. die polizei konnte noch rechtzeitig dazukommen. sie wird sich die waffe nahe legen, um sie gleich bei der gefahr zur hand zu haben. alles störende wurde entfernt; es herrschte ruhe.

drittes kapitel

am nächsten tag in aller frühe hatte die arbeit wieder begonnen. zwischendurch hörte man die keifende stimme der wirtin. in der ebenfalls weit geöffneten haustür stand hans. das passierte ihm selten. heute sah das ding ganz anders aus. mit verlaub, herr heinz, sagte hans und faßte militärisch an seine mütze. der bäcker schob die mütze noch ein wenig höher. hans rückte sich die mütze aus der stirn. hans! rief herr körner mit seiner pelzigen stimme. jürgen dietrichs böses weib warf ihm beinahe den waschzuber an den kopf. hans sagte, er sei dem herrn schulzen sehr dankbar für den guten rat. es war nämlich der mittag herbeigekommen. hans verspürte großen hunger, denn er war ein gewaltiger esser. meinetwegen, sagte die frau, und verschwand wieder in der haustür. das trifft sich gut, dachte hans. er nahm die säge, legte sie in den halbdurchschnittenen kloben und sägte ihn vollends durch. hans wiederholte sich mehrmals, daß dies ein großes glück sei. es mußte stark auf sieben uhr gehen. dann war noch ein wackliger tisch da, auf dem eine sorgsam ausgekratzte irdene schüssel stand. die türen aber hatte man mitgenommen. ein wunder wars nicht, daß das ding so zusammengetrocknet war. hans öffnete es. und nicht ohne einige mühe, denn es war arg verquollen. in des schulmeisters garten bewegte sich etwas. zuletzt verschwamm alles ineinander. es sind schlechte zeiten und man muß eben sehen, wie man sich durchflickt. guten abend, hans, sagte eine dicke mehlige stimme.

na, na! das ist nicht ganz so schlimm, meinte der vater. du kannst es mir glauben, es ist nicht an dem. zum sterben hat keiner lust, aber leben will jeder. hunde, die bellen, beißen nicht. mit bellen verscheuchen die hunde die diebe. am vielen lachen erkennt man den narren. die zwei unruhestifter werden auseinander gesetzt. der kleine junge konnte das gute nicht vom bösen unterscheiden. der ernstzunehmende junge saß auf der sonnenbeschienenen bank. das kind war schön und gescheit. der lehrer lobte die fleißigen kinder, aber nicht die faulen. der junge ist gehorsam, er kapiert schnell und hat freude daran. er sagt zu allem ja und amen. er denkt nicht daran, zu verzichten. nach einem polizisten rufend, hielten zwei männer einen halbwüchsigen burschen fest. halt! bleiben sie doch stehen! rief der polizist. der polizist nahm ihn zwecks überprüfung seiner personalien auf die wache mit. das vertilgen des ungeziefers geschieht durch spatzen; ob würmer oder raupen, sie fressen alles. um die ordnung des staates aufrechtzuerhalten, werden streitkräfte eingesetzt. die polizei konnte noch rechtzeitig dazukommen. sie wird sich die waffe nahe legen, um sie gleich bei der gefahr zur hand zu haben. alles störende wurde entfernt: es herrschte ruhe.

viertes kapitel

so hatte denn hans, worauf ihm vorläufig alles ankam, in unmittelbarer nähe seine grete. und das machte ihn so vergnügt. daß es ihm gar nicht schwer wurde, seiner natur zu folgen. und alles von der guten seite zu nehmen. diese arbeit erforderte einen starken und kühnen mann. was ihm aber noch besser gefiel als die arbeit, war, daß er den ganzen tag im walde zubringen durfte. das hat der junge von seinem vater, sagten die leute. nein, sagte hans, das soll mir keiner wieder nachsagen. und hans nahm einen tüchtigen schluck, legte die flasche neben sich und horchte. und jetzt kam ein vogel, der etwas zurückgeblieben war. des alten gesicht verfinsterte sich zusehends. freut mich, daß ihr ein so gutes gedächtnis habt, sagte hans. der herr schulze hatte gemeint, art lasse nicht von art und der apfel falle nicht weit vom stamm. aber noch auf dem nachhausewege sollte er über die meinung der verfänglichen worte aufgeklärt werden. aber meister heinz war ein aufgeklärter mann und machte sich einen pfifferling aus solchem altweibergeschwätz. der abend war so finster, wie ein abend im anfang des oktober nur sein kann. hans hörte das alles mit seinen scharfen ohren. und grete schaute zwischen den tannen hervor. er rief ihr zu, sie solle herankommen; sie rief zurück: komm du doch. er lief auf sie zu. die gehört mir, sagte hans. oho, sagte der alte, so schnell geht das nicht. da ging der schuß los und hans stand kerzengerade neben dem baumstumpf.

na, na! das ist nicht ganz so schlimm, meinte der vater. du kannst es mir glauben: es ist nicht an dem. hell lodern die flammen und erleuchten die nacht. es ist ein ständiges hin und her. er stand nach dem kriege vor einem nichts: den übrigen wird es nicht viel anders ergangen sein. fortmüssen aus der heimat ist eine bittere sache. die flüchtlinge befinden sich bereits im sichern, sie können, sich auf die ereignisse des näheren nicht mehr besinnen. möge dich der herr beschützen. nachdem der notar den letzten willen zur kenntnis genommen hatte, gab der pfarrer die letzte ölung. in der kirche wurde am heiligen abend das heilige abendmahl gegeben. der pfarrer erzählte uns etwas über den heiligen paulus und die heiligen drei könige. das mädel lernt de zehn gebote auswendig. zu vergeben ist christenpflicht. wir wollen sonntag nachmittag zur messe gehen. wir wollen am sonntagnachmittag zur messe gehen. bist du auch nicht an den stacheldraht zu nahe gegangen? fragte die mutter. lebt ihr noch? schluchzte sie auf, wo seid ihr denn? ich dachte, ich hätte alles geträumt. das vertilgen des ungeziefers geschieht durch spatzen: ob würmer oder raupen, sie fressen alles. um die ordnung des staates aufrechtzuerhalten, werden streitkräfte eingesetzt. die polizei konnte noch rechtzeitig dazukommen. sie wird sich die waffe nahe legen, um sie gleich bei der gefahr zur hand zu haben. alles störende wurde entfernt: es herrschte ruhe.

fünftes kapitel

der vater war ganz außer sich gewesen. und grete hatte nicht zu widersprechen gewagt. der herr pfarrer war sehr häßlich, klein und dünn und schief, hatte nur ein auge und trug eine große blaue brille. hans hatte auf alle diese fragen mit einem kräftigen nein geantwortet. und auf alle fälle wolle er es nicht wieder tun. grete geriet jedesmal in großen zorn, wenn hans sich nicht schämte. und doch hatte den hans, wenn er so auf den busch klopfte, der alte instinkt ganz richtig geführt. da war denn das so lange und so leise geführte gespräch ins stocken gekommen. grete saß und strickte und wagte nicht, die augen aufzuschlagen. jetzt würde das schreckliche kommen. der vater leuchtete ihm aus der haustür. grete saß noch immer in derselben stellung, die augen auf das strickzeug geheftet, dessen nadeln mehr als nötig klapperten. der alte ging ein paarmal in der stube auf und ab. grete drückte es fast das herz ab. sie dachte, sie müßte sterben, wenn sie es sagte. und endlich sagte sie es doch. sie saß noch eine welle und weinte still vor sich hin. dann packte sie ihre sachen zusammen. trotzdem konnte sich grete nicht beruhigen. die nacht war dunkel und windig. ach, du guter gott! schrie grete und stürzte auf ihr bett. ach, du guter gott! das ist gewiß der hans gewesen.

na na! das ist nicht ganz so schlimm, meinte der vater. du kannst es mir glauben, es ist nicht an dem. das feindliche heer ist nach ablauf des waffenstillstandes in das land wieder eingefallen. das land kämpfte auf seiten der alliierten. sie taten vieles gemeinsam, obwohl wenig verbindendes vorhanden war. ob franzosen freundlich sind, weiß ich nicht. sie kämpften zu wasser und zu lande. in indien können die meisten weder lesen noch schreiben; sie sind des lesens und des schreibens unkundig. die deutsche sprache ist für den ausländer schwer zu erlernen. viele eingeborene sind wilde. sie haben tüchtige und strebsame herangebildet. jeder bekommt seinen teil zugewiesen. das mein und dein muß ein jeder unterscheiden können. es fehlt den armen selbst am notwendigsten. der bundeshaushalt stellt milliarden zur verfügung. auch sagt man: geben ist seliger denn nehmen. immer müssen sie betteln und hausieren, obwohl betteln und hausieren verboten ist, klagte der hauswirt. das vertilgen des ungeziefers geschieht durch spatzen; ob würmer oder raupen, sie fressen alles. um de ordnung des staates aufrechtzuerhalten. werden streitkräfte eingesetzt. dhe polizei konnte noch rechtzeitig dazukommen. sie wird sich die waffe nahe legen, um sie gleich bei der gefahr zur band zu haben. alles störende wurde entfernt; es herrschte ruhe.

sechstes kapitel

der altweibersommer war in dieser nacht zu ende gegangen. hans spürte es mehr als mancher andere. aber die letzten tage hatten den armen jungen nicht eben weich angefaßt. bis sein herr ihm sagte: der krug geht so lange zu wasser, bis er bricht. hans schwur das blaue vom himmel herab, als herr heinz abermals auf den punkt zu sprechen kam. und das war noch nicht das schlimmste. und wenn auch, dachte hans, wer nicht wagt, nicht gewinnt. aber als er im begriff war, das weib fortzuschicken, vermochte er es nicht. ein böses stück arbeit, hans, sagte der pantoffel-claus. hans war durchaus nicht in der stimmung zu einer unterhaltung. nu, nu, nichts für ungut, sagte der alte. so, sagte hans. ja, sagte der pantoffel-claus. wüßte nicht, brummte hans. nu, das fände ich schon, sagte der alte. so, sagte hans. ja, ja, sagte der pantoffei-claus. wie meint ihr das? nu, ich meine nur, und der alte schüttelte bedenklich den kopf. ich werde auch ledig bleiben, sagte hans. das wäre, hans, das wäre! sagte der pantoffei-claus. was sagt ihr? rief hans. ja, ja, sagte der claus. als er nach hause kam, hatte es zu regnen aufgehört. endlich fings wieder an zu regnen. das war mal ein vergnügter abend, sagte hans.

na na! das ist nicht ganz so schlimm, meinte der vater. du kannst es mir glauben, es ist nicht an dem. er trug ein goldenes abzeichen auf der brust; es war das goldene sportabzeichen. hans erhielt vom wehrmeldeamt die aufforderung, sich mit dem bruder zusammen zu stellen. er ist seines sieges gewiß, und siegesgewiß war er noch immer. er erhielt im zweiten weltkrieg das eiserne kreuz und das goldene verwundetenabzeichen. friedrich der große gewann viele schlachten. seine vorliebe für die großen soldaten kostete viel geld. der erste, der neunte und der fünfzehnte raustreten! brüllte der spieß. ihm wurde das goldene verdienstkreuz der bundesrepublik überreicht. die soldaten zogen singend durch das dorf; man konnte die singenden noch weit hören. unzählige tausende erlebten manches schöne während des urlaubs. im kriege starben die menschen zu hunderten und tausenden. zum schießen gehört ein gutes auge, aber zum stoßen der kugel kraft. der offizier kommandierte: alles llnks um! die soldaten waren aufs äußerste gefaßt. sie stellten auf das grab ein eisernes kreuz. das vertilgen des ungeziefers geschieht durch spatzen: ob würmer oder raupen, sie fressen alles. um die ordnung des staates aufrechtzuerhalten, werden streitkräfte eingesetzt. die polizei konnte noch rechtzeitig dazukommen. sie wird sich die waffe nahe legen, um sie gleich bei der gefahr zur hand zu haben. alles störende wurde entfernt; es herrschte ruhe.

das letzte kapitel

es warum pfingsten herum. der revierförster bostelmann hatte die geschichte schon siebenhundertmal erzählt und war bereit, sie auf verlangen noch einmal so oft zu erzählen. aber wen der böse lieb hat, den macht er kugelfest. die geschichte hatte so hand und fuß, daß die winkelzüge dagegen wenig verschlugen. und doch behauptete der hans steif und fest, er sei es allein gewesen. die geschworenen machten kurzen prozeß, da der schulze eisbein versicherte, er hätte es ja immer gesagt und der apfel falle nicht weit vom stamm. war das nicht, um sich die letzten haare auszuraufen? es war alles lug und trug. aber es sollte noch schlimmer kommen. so ging es den ganzen winter und auch den ersten teil des frühjahrs hindurch. der gute doktor lächelte, wie wenn ihm seine kinder die geschichte vom frieder und katerlieschen erzählten, oder die andere von dem fischer, der von dem butt verlangte, daß der butt ihn zum lieben gott mache.*) frau schneefuß erzählte hernach, sowas sei ihr in ihrem leben noch nicht vorgekommen. und da war kein wort zuviel und keines zu wenig, daß der fürstin war, ab lese sie eine dorfgeschichte von meisterhand geschrieben. ach ja, sagte grete. der fürst war anfangs ein wenig zerstreut; bald aber fing die geschichte doch an, ihn zu interessieren. gleich darauf trat hans herein. das hat man davon sagte der fürst. die fürstin mußte diesen politischen stoßseufzer verstehen. ganz wie ich gesagt habe, sagte der fürst. der heckpfennig ist ein esel. ja, das ist er, sagte hans. und lustig genug wars, daß sies glaubten. hans sah starr vor sich hin. nun denn, rief der fürst, so will ich dirs zeigen. hans rührte sich nicht. grete hatte die augen niedergeschlagen. als sie aber zwischen die fliederbosquets kamen, blickten sie sich beide zu gleicher zeit um.
hans, lieber hans!
rete, liebe grete!
alles störende wurde entfernt; es herrschte ruhe.

*) nun konnte freilich der geheime sanitätsrat stelzenbach eine so schwierige aufgabe gar nicht in angriff nehmen, ohne sich vorher die erlaubnis dazu von der lieblingskammerfrau der fürstin eingeholt zu haben; aber hier wollte das glück, daß frau schneefuß einen bruder hatte, der gern bahnhofs-inspektor auf der hauptstation der neuen eisenbahn geworden wäre - ein posten, der zu vergeben, ganz in der hand von doktor eckharts schwager, dem eisenbahn-direktor schneller. lag. eine schwierigkeit blieb dann freilich noch immer, insofern, als frau schneefus sich einer reprimande von seiten der frau oberhofmeisterin, baronin von adlerskron, ausgesetzt haben würde, falls sie bei dieser dame nicht nachgefragt hätte, ob excellenz in dem betreffenden falle nicht gnädigst durch die finger sehen wolle. indessen auch diese letzte schwierigkeit wurde behoben, da der vetter des eisenbahn-direktors, der bankier moser, der von dem unermüdlichen doktor eckhart, seinem hausarzt, ebenfalls ins vertrauen gezogen war, gerade in diesen tagen gelegenheit hatte, excellenz eine namhafte gefälligkeit zu erweisen. und mit jener weltmännischen liebenswürdigkeit, die diesen finanzmann auszeichnete, sich von der frau baronin nun jene bewußte gefälligkeit als provision ausbat.
[In: muster möglicher welten. eine anthologie für max bense. hrsg. Von elisabeth walther und ludwig harig. Wiesbaden: limes o.j. [1970]. - Eine auf dieser Textgrundlage erarbeitete Hörspielfassung wurde 1970 von Heinz Hostnig für den Westdeutschen Rundfunk realisiert. Vgl. "Heinz als Hans schreibt Reinhard einen Brief".]

11 von 13 decollagen anläßlich der vermehlung richard wagners mit cosima von bülow am 25. august 1870 dem geburtstage des königs ludwig II von bayern und dem namenstage des autors ludwig harig grand fécial consort qui est le 2e fils ubu verfaßt von demselben und seinem jungfräulichen freunde reinhard döhl commandeur exquis de l'ordre qui est le petits fils ubu zur hundertsten wiederkehr dieses tages am 25. august 1970

Neben offenen Bekenntnissen, Nacktbaden und Nackttanz pflegten die Testpatienten, denen Alkohol, Drogen und unsittliches Gebaren streng untersagt waren, auch noch eine andere Entspannungsübung: Zu den Klängen von Wagners "Tristan und Isolde" stellten sie sich paarweise auf, blickten sich stumm und lange in die Augen und versenkten sich in glückliche Träume. Auch das Betasten und Betrachten der von ihnen am meisten geschätzten Dinge - darunter ein Pelzmantel, Blumen, Stofftiere, Früchte, eine Salemiwurst, Kerzen, Käse, Schokolade half ihnen beim Entkrampfen der Gefühle.
STERN, "Enthemmung bei Wagner", unter dem Stichwort "Medizin".
richard wagner und cosima von bülow schwärmen auf ihrem ersten spaziergang von den schönheiten der natur und preisen den nutzen der vegetation
1 in einer dornenhecken
von neid und gram verzehrt
mußt er sich da verstecken
2 was körner was blumen und was dörner
3 die hagelblüh strohhalm fengel-weis
der zarte der süße der rosenton
der kurzen liebe der vergeßne ton
die rosmarin die gelbveiglein-weis
frisch pomeranzen grün lindenblüh-weis
die melissenblümlein die meiran-weis
4 das blumenkränzlein aus seiden fein
wird das dem herrn ritter beschieden sein
5 auf grüner au am blumenhag
bei spiel und tanz im lustgelag
an froher brust geborgen
vergessen seiner sorgen
ein jeder freut sich wie er mag
6 oho
7 wie einst der lenz so lieblich lacht
8 der flieder wars johannisnacht
9 und wiederkehrt die sommerzeit
10 im wald dort auf der vogelweid
11 so rief der lenz in den wald
dass laut es ihn durchhallt
12 immer bei sachs
daß den reim ich lern von blüh und wachs
13 nicht ändert an blum und koleratur
jed zierrat fest nach des meisters spur

richard wagner und cosima von bülow können sich nicht einig werden ob sie daktari oder ein platz für tiere sehen wollen und sehen schließlich am fuße der blauen berge
1 du holdes vöglein
dich hört ich noch nie
bist du im wald hier daheim
2 eine zierliche fresse
zeigst du mir da
lachende zähne
im leckermaul
3 ach bist du dumm
bist weder vogel noch fuchs
4 ein schlangenschweif
schlägt sich ihm auf
5 noch einmal liebes vögelein
da wir so lang
lästig gestört
lauscht ich gern deinem sange
auf dem zweige seh ich
wohlig dich wiegen
zwitschernd umschwirren
dich brüder und schwestern
umschweben dich lustig und lieb
6 so ruhten im busch
auch rehe gepaart
selbst wilde füchse und wölfe
nahrung brachte zum nest das männchen
das weibchen säugte die welpen
7 der rehhindin gleich
glänzen gewiss
ihr hellschimmernde augen
nur noch viel schöner
8 wie der fisch froh
in der flut schwimmt
wie der fink frei
sich davonschwingt
9 so glich wohl der kröte
ein glänzender fisch
doch kroch nie ein fisch aus der kröte
10 ist mir doch fast
als sprächen die vöglein zu mir
deutlich dünken mich worte
11 was ruht dort schlummernd
im schattigen tann
ein roß ists
rastend in tiefem schlaf
12 mein vöglein schwebte mir fort
mit flatterndem flug
und süßem sang
wies es mich wonnig des wegs
nun schwand es fern mir davon
13 da reitet er hin
auf lichtem roß
mich läßt er in sorg und spott

richard wagner und cosima von bülow erkennen die grenzen der barockmusik und entdecken die vorteile der folksongbewequng
1 ei ei ei ei was hören wir
2 stimmet an unser lied singet laut
3 o macht dem dummen lied ein ende
es brummt und summt nur vor dem ohr
wollt ihr daß ich mich zu euch wende
so sucht was besseres hervor
4 hussassahe
jullohohe
5 ach lieber südwind blas noch mehr
6 hojohe hojohe hallojo ho
7 summ und brumm du gutes rädchen
munter munter dreh dich um
8 hui wie pfeifts im tau johohe
9 halt ein
10 und die ballade heut noch sangst du sie
11 ei jetzt noch nicht
12 hört was ich rate
frau mary singt uns die ballade
13 wenns nur nicht händel gibt

richard wagner und cosima von bülow sehen das musical heimweh nach st pauli und begreifen den tieferen sinn der christlichen seefahrt
1 frisch weht der wind
der heimat zu
2 eifrig späh
und siehst du ein schiff
so spiele lustig und hell
3 das schiff gewiss
es naht noch heut
es kann nicht lang mehr säumen
4 westwärts
schweift der blick
ostwärts
streicht das schiff
5 ha das schiff
von norden seh ichs nahen
6 dort wütet die brandung
scheitern die schiffe
7 ho he ha he
am obermast
die segel ein
ho he ha he
8 heiha heiha
wie es mutig steuert
wie stark der segel sich bläht
wie es jagt wie es fliegt
9 ho he ha he
am untermast
die segel ein
ho he ha he
10 sie weht sie weht
die flagge am mast
das schiff das schiff
dort streicht es am riff
siehst du es nicht
11 die sonne sah ich nicht
noch sah ich land und leute
doch was ich sah
das kann ich dir nicht sagen
12 jetzt schwand das schiff
hinter dem fels
13 nun bist du daheim daheim zu land
im echten land
im heimatland
auf eigner weid und wonne
im schein der alten sonne
darin von tod und wunden
du selig sollst gesunden

richard wagner und cosima von bülow erörtern die relativitätstheorie und erkennen die vergänglichkeit alles irdischen
1 die stunde naht
2 heil euch
3 von weither kam ich wo ich viel ersah
4 o wie wehe
o wehe
5 irr ich wieder
verändert dünkt mir alles
6 du siehst mein sohn
zum raum wird hier die zeit
7 o nein laß ihn unenthüllt o
8 das tu ich gern
9 nur eine stunde mein
nur eine stunde dein
und des weges
sollst du geleitet sein
10 nun such ich ihn von welt zu welt
ihm wieder zu begegnen
11 hei was
12 auf ewigkeit
wärst du verdammt mit mir
für eine stunde
13 zum letztenmal zum letztenmal

richard wagner eröffnet hans von bülow seine absichten hinsichtlich cosimas und stößt dabei auf keine große gegenliebe
1 höre mit sinn was ich sage
2 wie weckst du zweifel und zwist
3 gönne mir nun dein gemach
4 dich neide ich
5 schlafend ein wonniges weib
zog ich nun aus
6 hoiho hoihohoho
7 doch kenn auch die scheide
darin so wonnig
ruht
8 wehe wehe
9 meines speeres spitze
10 not ist da
not wehe wehe
11 im wasser wie am lande
lernte ich nun
12 o hilfe hilfe
13 bist du mir gram darum

richard wagner raubt mit seinen spießgesellen cosima von bülow samt ihrer freundin irene und verhilft so hans von bülow zu einer tieferen einsicht in die abgründe der menschlichen seele:
1 reich prangt ihr fruchtgewinn
2 ha fast erspart
3 das fehlte noch
4 hier ists
zum fenster legt die leiter an
5 ha wie ich knirsche
6 du hier irene
7 ha welche frechheit
macht euch von hinnen
8 man beschimpft
nicht schon die namen schon genug
befleckt durch raubtat und gewalt
9 bestraft sei streng gewalt und raub
10 doch für gewalt und offne tat
sind wir zu schwach vermögen nichts
11 hol dir geld
12 dies ist euer handwerk
13 o gott irene an seiner seite

richard wagner und cosima von bülow besprechen die reihenfolge der speisen und getränke ihres hochzeitsmehles und unterschätzen dabei die vorteile der diätküche
1 rüst uns männern das mahl
2 des seimigen metes
süßen trank
mögst du mir nicht verschmähen
3 schwarze dämpfe
schwüles gedünst
feurige lohe
leckt schon nach uns
4 wonniger rührung
üppigen rausch
enttrankst du labend
5 es leck ihre zung
es fresse ihr zahn
6 wotans tochter
reicht dir den trank
7 traurig saß ich
während sie tranken
8 bei der götter trautem mahle
das trinkhorn nicht reichst
du traulich mir mehr
9 mutigen trotzes
ertrag alle mühn
hunger und durst
10 labung biet ich
dem lechzenden gaumen
wasser wie du gewollt
11 als mir göttliche not
nagende galle gemischt
12 notung zahl ihm den zoll
13 dach und trank
dank ich dir

richard wagner und cosima von bülow wechseln die worte der liebe und folgen den technischen hinweisen des ehemaligen melkers ossi kolle
1 es dämmert und ruft
2 komm doch wieder
3 nun aber nach oben
4 hahahahaha
5 nur fest sonst fließ ich dir fort
6 soll ich dir glauben
so gleite herab
7 seligster mann
8 heiajaheia
heiajaheia
wallalallalala leiajahei
9 sieh wie selig
im glanz wir gleiten
10 goldne äpfel
wachsen in ihrem garten
sie allein
weiß die äpfel zu pflegen
11 halt du wilder
nichts durch gewalt
12 verträge schützt
meines speeres schaft
spar deines hammers heft
13 in frieden laß mir den freund
wo schweifest du hin und her

richard wagner und cosima von bülow sorgen sich um eine nicht abgetragene bankschuld und beklagen die hohen diskontsätze
1 zu mir es ist um dich getan
2 in demut sühn ich meine schuld
3 was du verlangst das sei dein los
4 wie hätt ich das verschuldet
5 verkennt ihr so des höchsten rat
6 mein heil mein heil hab ich verloren
7 bis du der lösung mächtig bist
8 bin ich dem wechsel untertan
9 ich sorge daß sie ihn gewähren soll
10 zu viel zu viel
11 weh dir verräter heuchler undankbarer
12 laß es mich nicht entgelten
13 verworfen hat er jedes hoffen
niemals wird ihm des heils gewinn

richard wagner und cosima von bülow gründen unter anleitung eines professors der byzantinistik einen neuen freundeskreis und studieren gemeinsam den gotha
1 hört grafen edle freie von brabant
willkommen willkommen könig in brabant
2 gott grüß euch liebe männer von brabant
komm ich zu euch nun männer von brabant
3 zum sterben kam der herzog von brabant
dann könnte sie als herrin von brabant
4 bist du es elsa von brabant
und dich nun frag ich elsa von brabant
5 so sprich denn elsa von brabant
frei aller schuld ist elsa von brabant
6 von neuem grünen und herrschen in brabant
mit land und krone von brabant belehnt
7 ihr sollt ihn heißen schützer von brabant
den schützer von brabant
8 zur größe von brabant
heil elsa von brabant
9 heil dem schützer von brabant
heil euch heil elsa von brabant
10 heil elsa von brabant
habt dank ihr lieben von brabant
11 zum ruhm zur größe von brabant
so wills der schützer von brabant
12 macht platz dem helden von brabant
heil heil dem helden von brabant
13 es ist der erbe von brabant
seht da den herzog von brabant.

[Druck in Richard Wagner Stundenlecker. Hof: Verlag für neue Literatur 1970]

Türen und Tore [Döhl/Harig, zus. mit Jürgen Becker und Johann M. Kamps].

Erstsendung WDR 1971

Zu Reinhard Döhls Vortrag über Hans Arp, Geburtstagsfeier für Arp/Döhl in Niedliches Buchladen
Wenn Arp verspricht:
von dannen rollt das Leichenfaß
meint Bense schlicht
verstehen nicht mehr zu verstehen daß
sagt Döhl sodenn
früh wenn die hähne früh wenn früh wenn früh
entgegnet Benn:
man ahnt es manchmal doch man sieht es nie
sagt Döhl von Arp:
er war ein großer Dadaist
er Arp umwarb
weil er ja auch ein Vater ist
sagt Arp von Döhl:
ein Sack mit einem Kamm der steht
geht er nicht fehl
Döhl ist das große Alphabet.
Wenn Arp erklärt
er sitzt mit sich in einem Kreis
bleibt Döhl bewährt
blutunterlaufen gelblich weiß
spricht Arp intim:
der eigne Leib fällt aus der Braut
sagt Harig ihm:
Ich wünsch dir Glück du alte Haut.

[Druck:  Kritisches Jahrbuch 2. Stuttgart: Verlag Wendelin Niedlich o.J. [1973], S. 42]

Der kleine Brixius [Döhl]
Der Eber macht es mit der Bache
der kleine Brixius machts mit der Sprache
und das ist die Moral der Sache
der kleine Brixius nimmt Rache
wegen der Sache mit der Sprache
weil keine Sprache von der Sache
dafür die Rache einer Bache
weil eine Lache in der Brache
weil es ein Eber mit der Sprache
weil Brixius es mit der Bache
das ist die Sache von der Sache
gegeben Stuttgart in der Brache.

[17.2.1983]

Wunderliche Sachen

Wunderliche Sachen. Für Reinhard Döhl
Er war von Anfang an, ist bis zuletzt zur Stelle,
wenn es das eine gilt: Konkrete Poesie
zu definieren in luzider Theorie
und sie zu demonstriern im treffenden Modelle.
Ihm ist konkrete Kunst nicht eine weiche Welle,
aus Lettern und aus Laut kein flottes Potpourri.
Ihm waltet im Konstrukt geheime Alchemie:
Konkret heißt Exerzit, nicht Spiel, nicht Bagatelle.
Was haben wir erlebt! Was haben wir erlitten!
Und über dem Problem uns nächtelang zerstritten:
Ist Kunst zerstücktes Sein, Fragment und nicht komplett?
Was sind das alles nur für wunderliche Sachen?
Es ist bekanntlich schwer, dir etwas recht zu machen.
Behagt dir wenigstens mein rühmendes Sonett.

Alexandrinisch Danksonett für Ludwig Harig
Du fragst, ob mir dein rühmendes Sonett behage.
Warum denn nicht, weil solche wunderlichen Sachen
behaglich sind und stets ein guter Grund, zu lachen
im Keller, im Paterre und in der Beletage.
Zwar reime ich hier schlecht, weil wunderliche Sachen
sich unsern Regeln äußerst ungern fügen mögen
das heißt, sie kommen unserm Alltag ungelegen,
wie deutscher Dichtertiefsinn dem Quenauschen Lachen.
Auch ist Sonetteschreiben nicht ganz meine Sache
obwohl ich mich, im Spiel, jetzt ernsthaft daran mache,
wie, Clemens eingedenk, im Traum der lahme Weber,
das starre Erz, das blinde Huhn, was weiß ich all,
die kranke Lerche und die stumme Nachtigall,
ein Danksonett zu schreiben auf Prometheus' Leber.

Die Leber des Prometheus. Für Ludwig Harig
Konkret ist nur der Tod, das Leben Poesie.
Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.
Wer andern in der Nase bohrt, ist selbst ein Schwein.
Grau ist mein Freund, nicht weiß, nicht schwarz die Theorie.
Die Wörterwelt besteht aus Bildern und Metaphern,
die krumm und schief sind wie der Quark vom Meer des Lebens
wer Sprache knetet, knetet Wort für Wort vergebens
für einen Rattenschwanz von Lesern, Hörern, Gaffern.
Wer Sprache schweigen macht ist schon am Übersetzen.
Wer übersetzt fährt fort und läßt sich weitertragen
vom Sprachfluß, welcher Lethe hieß in jenen Tagen,
als Bild und Wort und Laut zerstückten wie, in Fetzen,
die Leber des Prometheus, der sie klaglos bot
als Lebenspoesie. Konkret ist nur der Tod.

[1994]