Freunde der Galerie / Freunde von Kei Suzuki
Zum dritten Mal in Deutschland, zum zweiten und nicht zum letzten Mal bei Kolzcynski in Kombination
Sho-do also in zweifacher
Weise
- do des japanischen Shomeisters
und deutschen Künstlers (denn stetes Üben gilt für beide)
- do in gemeinsamer künstlerischer
Arbeit, wobei jeder von seinen kulturellen Voraussetzungen ausgeht und
versucht auf den anderen, die andere Kultur zuzugehen.
Das gilt nicht für Keis eigentliche Sho-Arbeit, mein z.B. Mallarmé-Projekt, meinen Stuttgart-Prospekt beim Julius. Das gilt sehr wohl aber für den Teil der jeweiligen Arbeit, der auf die Arbeit des anderen zuarbeitet.
Die Ausstellung von 1990
und die heutige im Vergleich:
- 1990 ich eher in der Pflicht,
dagegen Kei in der Kür.
- Heute sieht es eher so
aus, als seien das zwei Ausstellungen in einer. Aber wir sehen das nicht
so.
Keis Arbeiten zeigen deutlich
eine Tendenz, eine Radikalisierung in Richtung des Abstrakten
- z.B. "Sen".
- Oder noch radikaler "Kinchyo
matawa nihon no sen" (Spannung, oder zwei Linien), eine Arbeit, die dieser
Ausstellung gleichsam das Motto voranstellt.
- Eine dritte hier wichtige
Arbeit ist "Kakusan matawa kokoro no rizume (= Entfaltung oder Mein Herzschlag).
Daß diese Arbeit dennoch nicht abstrakt ist, wird deutlich, wenn
man weiß, daß sich dieses Blatt aus dem Zeichen für Herz/Seele
(= kokoro)entwickelt.
Mein Part in dieser Ausstellung:
aus der Serie der "Schwarzen Bilder" ausschließlich jene, die sich
ausdrücklich auf Japan, Kei Suzuki und die gemeinsame Arbeit beziehen.
- Angefangen mit den beiden
Tokyo-Triptychen, die einmal die Situation unseres ersten gemeinsamen Schreibens
1987 in Tokyo anspielen ("Suzuki/Kumano") bzw. eine sehr berühmte
Arbeit Sengais im Idemitsu-Museum ("Sengai/Idemitsu").
- Oder: daß ich eine
von Kei beschriebenes Papier verarbeitet habe: "Torii" - wie er umgekehrt
in "Taegataki sizumori" ein Haiku von mir skriptural aufgelöst hat.
Die Korrepsondenzen zwischen
anderen Arbeiten sind zum Teil leichter zu sehen, z.B. zwischen meinem
Entwurf für ein variables Holzrelief "Kigo" (=Sinnbild) und Keis Anspielung
auf die altchinesische Knochenschrift, also die Archäologie der
Sho-Kunst: "Yuroku wo iru"
(= Ein spielendes Reh schießen).
Eine andere Form von Korrespondenz haben wir für Einladung und Plakat gewählt. Das Plakat/die Einladungskarte von 1990 bildete von Kei die Arbeit "Hogetsu" (= Im Mondschein gehen) ab. Als Kei und ich damals an seinem letzten Abend in Stuttgart in unserer Wohnküche gemeinsam schrieben, schrieb ich "Hogetsu" und Kei fügte "Kokurin" (= Schwarzwald) als Wunsch und Ortsbestimmung hinzu. Das ergab dann Einladungskarte und Plakat für die heutige Ausstellung.
Kei hat dann aus seiner Erinnerung heraus in Tokyo noch einmal "Kokurin" geschrieben und in diese Ausstellung integriert. Wenn man nun Ein1adngskarte und Exponat vergleicht, erkennt man leicht, daß es die gleichen Wörter, besser Zeichen sind; aber man achtet vielleicht auch darauf, wie anders sie in jedem Fall geschrieben sind. Das sind nun weniger Qualitätsunterschiede, als vielmehr Unterschiede der Stimmung des Schreibenden, abhängig vom Ausdruck, was er im und mit seinem Schreibakt ausdrücken will.
Damit komme auch aber auch
auf die Charakteristika von Sho, die theoretisch nur schwer vorzustellen,
praktisch dagegen leichter einsichtig sind, weshalb Kei anschließend
eine kleine Demonstration machen wird, zu der ich jetzt einige Stichworte
geben möchte.
- Wer schreiben will, braucht
zunächst Tusche, einen Reibstein, (Wasser). Dieses Anreiben der Tusche,
je nachdem, wie viel benötigt wird, ist zugleich eine Konzentration
auf das folgende Schreiben.
- Je nachdem was ich schreiben
will, wähle ich jetzt das Papier und den Pinsel.
- Habe ich mich festgelegt,
folgt nach einer kürzeren oder längeren Konzentration die für
europäische Augen ziemlich zügige Niederschrift, wobei vor allem
auf Linie zu achten ist und auf die Tiefe des Ausdrucks. Das harmonische
Ineinanderfließen von der strengen Form in den geistigen Inhalt.
Wichtig ist vor allem eins, man schreibt nicht mit dem Kopf. "Man muß", hat es mir Kei Suzuki mal in poetischer Form gesagt, "man muß den Kopf leer und das Herz voll machen. Dann erst kann man schreiben." So ist denn auch bezeichnenderweise das Ergebnis des Schreibakts für den japanischen Sho-Künstler auch ein Spiegel seines seelischen Zustands. "Jedesmal", sagte dies z.B. einer der berühmten Sho-Meister, "wenn ich mit meiner Arbeit nicht zufrieden bin, prüfe ich meinen inneren Zustand. Auf diese Weise versuche ich, durch Sho-Schreiben mein Ich zu finden."
Hinweisen mochte ich abschließend noch darauf, daß Kei Suzuki in diese Ansstellung auch eine Arbeit eingefügt hat, die er in dieser Galerie 1990 anläßlich der Eröffnung geschrieben hat. Vielleicht entdeckt der eine oder andere, der damals zugeschaut hat, die Arbeit wieder.
[Galerie von Kolczynski Stuttgart, 19.9.1992]