[hinweis für die regie:
das hörstück muß musikalisch realisiert werden. statt monoton
f kann auf dem cello auch die notenfolge e-h-a-d-d-e-h monoton
gespielt und/oder an geeigneten stellen das fagott der verlaineschen
eingangsverse eingesetzt werden. alles andere wie vorgeschrieben.]
was so ein kleiner mond alles vermag wo es um einen licht ist leicht kaum angedeutet in der hellen luft und doch deutlich ich glaube ich müßte jetzt anfangen etwas zu arbeiten jetzt da ich sehen und hören lerne
[pariser straßenlärm
dann zurückgenommen
wie wenn man ein fenster schließt
für das folgende
als akustische kulisse]
es ist lächerlich ich sitze in einem atelier und bin nichts in diesem raum mit den offenen großen fenstern und den stoßweisen geräuschen man muß erinnerungen haben an viele liebesnächte zum beispiel von denen keine der anderen glich wo alles um einen licht war leicht kaum angedeutet in der hellen luft und doch deutlich ich denke ich müßte jetzt anfangen etwas zu arbeiten aber es genügt noch nicht daß ich erinnerungen habe ich müßte vergessen können müßte die geduld haben zu warten daß sie wieder kommen denn die erinnerungen selbst sind es noch nicht
[wie von einer alten schallplatte
mit sprung
au clair de la lune
ami pierrot...]
es ist lächerlich ich sitze in einem atelier und bin nichts und dieses nichts fängt an zu denken was so ein kleiner mond alles vermag ist es möglich denkt es daß ich noch nichts wichtiges gesehen gehört gezeichnet und geschrieben habe daß ich zeit gehabt habe es zu sehen zu hören aufzuschreiben aufzuzeichnen und die zeit vergehen ließ wie ein hastiges frühstück ist es möglich denkt dieses ich von einem nichts und nichts von einem ich daß ich nachholen muß was sich ereignet hat ehe ich geboren wurde daß alle menschen eine vergangenheit haben die nie gewesen ist daß alle menschen eine vergangenheit die nie gewesen ist ganz genau kennen müssen daß alle wirklichkeiten für sich genommen nichts sind mit nichts verknüpft als einem leeren atelier daß man mädchen sagt und frauen wo diese worte längst keine mehrzahl mehr haben sondern nur unzählige einzahlen sind und erinnerungen an viele liebesnächte von denen keine der anderen glich wo alles um einen licht war leicht kaum angedeutet in der hellen luft und doch deutlich ich denke wenn dieses auch nur einen schein von möglichkeit hat dann muß etwas geschehen dann muß ich anfangen etwas von dem versäumten zu tun auch wenn ich nur irgendeiner bin in irgendeinem atelier vier stockwerke hoch in einem gebäude das ich in meiner erinnerung wiederfinde aber es ist nicht mehr das gebäude das ich in meiner erinnerung wiederfinde es ist ganz aufgeteilt in mir da ist ein raum und dort ist ein raum und so weiter und hier ein stück gang das diese räume nicht miteinander verbindet sondern für sich als fragment aufbewahrt in dieser weise ist alles in mir verstreut die zimmer die treppen und das sind die geräusche
[jemand kommt die treppe
herauf
jemand geht den gang
lang
jemand geht vorbei
eine tür fällt
zu]
ich sitze in einem atelier an das ich mich erinnere das mir fremd ist ich lese einen dichter der mir fremd ist und das sind die geräusche
[eine tür fällt
zu
eine scherbe klirrt herunter
die scherbe lacht
die splitter kichern]
was so ein kleiner mond alles vermag ich sitze in einem atelier die großen fenster sind weit offen
[pariser straßenlärm jetzt wieder stärker]
ich lese einen dichter der mir fremd ist und das sind die geräusche
[ein mädchen kreischt
ah tais-toi je ne veux
plus
ein hund bellt
ein hahn kräht]
gegen morgen kräht sogar ein hahn ich lese leute sind im raum sie sind in den büchern
[lesesaalatmosphäre]
[stimmen einer frau und
eines mannes beginnen in einem quasidialog die lektüre eines argotlexikons
die dem ganzen hörstück unterlegt bleibt aber nur gelegentlich
verständlicher wird die stellen an denen dies geschieht bestimmt soweit
nicht angegeben die regie bei der endgültigen montage nach rein musikalischen
gesichtspunkten
maison d'abatage maison
de tolérance à gros débit
abonné au guignon
individu qui a le guignon
abricot sexe de la femme
avoir l'abricot en folie
accommoder aux petits
oignons exercer une vengeance j'ai fait un coup aux petits oignons ça
m'a rapporté
a cheval sur un torchon
avoir ses menstrues depuis e'matin ma femme renaude elle est à cheval
sur une torchon...]
manchmal bewegen sie sich in den blättern wie menschen die schlafen und sich umwenden zwischen zwei träumen
[wiederholtes mechanisches umblättern von seiten]
ich berühre einen von ihnen leise er fühlt es nicht ich stoße meinen nachbarn beim aufstehen ein wenig an
[pardon]
er nickt nach der seite auf der er meine stimme hört sein gesicht wendet sich mir zu aber er sieht mich nicht sein haar ist wie das haar eines schlafenden es sind leute im raum die lesen
[wiederholtes mechanisches umblättern von seiten]
aber es ist unmöglich daß jeder von ihnen einen dichter hat so viele dichter gibt es nicht ich sitze in einem atelier das mir fremd ist und habe einen dichter ich könnte so wie ich bin in ein café gehen womöglich auf den großen boulevards
[pariser straßenlärm
caféatmosphäre]
und könnte mit meiner hand getrost nach einem croissant greifen und ihn mir nehmen niemand würde etwas auffälliges darin finden oder mich hinausweisen denn es ist eine hand die vier- bis fünfmal täglich gewaschen wird es ist nichts unter den nägeln der schreibfinger ist ohne tinte und besonders die gelenke sind tadellos
[die stimme léo malets
plakatepariser straßenlärm
die im stehen schliefen
erwachen und die poesie
zerfrißt die wände
wie kommt jene graue kleine frau dazu eine viertelstunde lang vor einem schaufenster an meiner seite zu stehen wobei sie mir einen alten langen bleistift zeigt der unendlich langsam aus ihren alten geschlossenen händen sich herausschiebt
[ein entsprechendes (obszönes) geräusch]
ich tue als betrachte ich nur die ausgestellten sachen als merke ich nichts aber sie weiß daß ich sie gesehen habe daß ich stehe und nachdenke was sie tut denn daß es sich nicht um den bleistift handeln kann begreife ich wohl ich fühle daß es ein zeichen ist ein zeichen für eingeweihte ein zeichen das ich nicht kenne aber das bedeutet daß ich irgendwohin kommen muß oder irgend etwas tun und das seltsame ist daß ich das gefühl nicht los werde es bestehe wirklich eine gewisse verabredung zu der dieses zeichen gehört und diese szene sei etwas was ich hätte erwarten müssen und das sind die geräusche
[ein nocturne von chopin
mit immer demselben fehler an immer derselben stelle im folgenden als schleife
unterlegt wobei der klang je nach sprecherposition entweder von einem darüberliegenden
stockwerk oder aus einem offenen fenster kommt und sich mit dem straßenlärm
mischt oder im falle des abgerissenen hauses aus der erinnerung heraufklingt
ein cello monoton f das
als klang/schleife beim sprecher bleibt
automobile
scherbenklirren der straßenlärm
bricht abrupt ab
jemand ruft
leute laufen
ein hund bellt
quasidialog argotlexikon]
dafür genügt die phantasie einer concierge hat man mehr einbildungskraft und schlägt sie nach anderen richtungen hin sind die vermutungen geradezu unbegrenzt denn es vergeht kein tag ohne solche begegnungen nicht nur in der dämmerung am mittag im dichtesten verkehr geschieht es
[die stimme léo malets
plakatequasidialog argotlexikon
die im stehen schliefen
erwachen und die poesie
zerfrißt die wände
daß plötzlich eine alte frau da ist nickt mir etwas zeigt und wieder verschwindet als wäre nun alles nötige getan als müßte ich irgendwohin kommen oder etwas tun
[herumrollende nadeln und knöpfe]
was aber in aller welt will diese alte frau von mir mit einer nachttischschublade in der einige nadeln und knöpfe herumrollen warum geht sie neben mir her und beobachtet mich als versuche sie mich zu erkennen sie weiß bestimmt wo ich wohne
[atelieratmosphäre
quasidialog argotlexikon
pariser straßengeräusche
von draußen]
in diesem atelier wo ich an den weit geöffneten großen fenstern sitze und einen dichter lese der nicht mehr hier wohnt und auf den hiesigen friedhöfen unbekannt ist erinnere ich mich daß es ein dichter war wie ich einer hatte werden wollen stelle ich mir vor daß ich auch so ein dichter geworden wäre ich hätte viel geschrieben denn ich hätte viele gedanken gehabt und erinnerungen an vieles aber jetzt zeichne ich weil ich sehen lerne und hören und das sind die geräusche
[o manon ma jolie
mon coeur te dit bonjour...
das folgende wie eine
übersetzung in das chanson hineinsprechen]
und die erinnerungen an viele liebesnächte zum beispiel von denen keine der anderen glich wo alles um einen licht war leicht kaum angedeutet in der hellen luft aber jetzt zeichne ich oder ist es schon malen während ich sehen lerne und hören und das sind die erinnerungen
[nocturne chopin]
ein prélude von chopin mit immer demselben fehler an immer derselben stelle
[cello monoton f]
ein cello und ein mädchen das ruft
[ah tais-toi je ne veux plus]
und das sind die bilder ich gehe an den kleinen galerien und läden vorbei
[etwas zurückgenommener pariser straßenlärm]
in der rue de seine gehe ich an den antiquitätenläden an den galerien vorbei nie tritt jemand ein sie machen offensichtlich keine geschäfte nur menschen sitzen darin unbesorgt sitzen sie da und lesen
[quasidialog argotlexikon]
haben einen hund
[ein hund bellt]
der bei ihnen sitzt oder eine katze
[maunzen und schnurren einer katze]
die die stille größer macht indem sie die bücherreihen entlangstreicht als wische sie die namen von den rücken ich erinnere mich daß ich vor zweiunddreißig jahren oder waren es einunddreißig ein schaufenster kaufen wollte und mich dahinter setzen mit einem hund
[ein hund bellt in größerer entfernung]
oder der katze madelaines
[eine katze maunzt und schnurrt in größerer entfernung]
es ist nicht geschehen nichts ist geschehen außer daß ich ausgegangen bin daß ich ausgegangen bin hat nichts zu bedeuten daß ich mich matt und erkältet fühle mitten im sommer besagt wenig daß ich den ganzen tag umhergelaufen bin ist meine eigene schuld ich bin unterwegs gewesen
[unterschiedliche raumatmosphären (= ra)]
weiß der himmel in wie vielen stadtteilen auf wie vielen fried- [ra1] und bahnhöfen [ra2] über wie viele brüken [ra3] durch wie viele passagen [ra4] irgendwo habe ich dabei einen mann gesehen
[eisenbeschlagene räder auf kopfsteinplaster]
der einen gemüsewagen schob und
[choufleur choufleur]
schrie das fleur mit eigentümlich trübem eu neben ihm ging eine eckige häßliche frau und stieß ihn von zeit zu zeit an ich erinnere mich daß er blind war blind war und schrie
[choufleur choufleur]
ich unterschlage den wagen den er schob
[geräusch eisenbeschlagener räder auf kopfsteinplaster schlagartig weg]
ich tue so als hätte ich nicht bemerkt daß er blumenkohl schrie das waren die geräusche es kommt nicht darauf an ich habe einen alten mann gesehen der vor einer alten mauer vorüberging es war nicht die erste mauer der vorhandenen häuser sondern die letzte mauer eines früheren hauses
[quasidialog argotlexikon]
und ich sah die innenseite ich sah in den verschiedenen stock- werken zimmerwände an denen noch die tapeten klebten
[au clair de la lune
ami pierrot
wie von einer alten schallplatte
mit sprung]
da und dort sehe ich wieder den ansatz des fußbodens oder der decke neben den zimmerwänden und die ganze mauer entlang einen schmutzig weißen raum durch den in unsäglich widerlichen wurmzeichen gleichsam verdauenden bewegungen die offene rostflekige rinne der abortröhre kriecht
[geräusch einer wasserspülung]
und das sind die geräusche
[cello monoton f
nocturne von chopin mit
immer dem selben fehler an immer der selben stelle aus der erinnerung (s.o.)
an ampeln anhaltender
und wieder anfahrender verkehr
raumwechsel
das geräusch einer
einfahrenden métro austeigen einsteigen lautsprecherdurchsage abfahrt
bis sich das geräusch im tunnel verliert]
das sind die geräusche
[atelieratmosphäre
quasidialog argotlexikon
eine tür fällt
zu
jemand kommt die treppe
herauf
ah tais-toi je ne veux
plus
ein hund bellt
das krähen eines
hahns]
ich bin also aus gewesen und habe gesehen das erspart mir den rest es roch soviel ich unterscheiden konnte alle städte riechen im sommer das ist nun mal so das ist die hauptsache aber es gibt hier etwas das furchtbarer ist
[stille]
die stille und die geräusche
[die stimme léo malets
plakatepariser straßenlärm
die im stehen schliefen
erwachen und die poesie
zerfrißt die wände
ich bin erst drei wochen hier ich habe heute einen brief geschrieben es geht noch schlecht aber ich will meine zeit ausnutzen ich lerne sehen wieviele gesichter es gibt es gibt eine menge menschen aber noch mehr gesichter jeder hat mehrere ein gesicht nutzt sich ab es wird schmutzig
[eine scherbe bricht herunter
die scherbe lacht
die splitter kichern]
es bricht es gibt eine menge menschen aber noch mehr gesichter ein gesicht nutzt sich ab es wird schmutzig es bricht es gibt eine menge menschen aber noch mehr gesichter es kommt vor daß ihre hunde damit ausgehen
[ein hund bellt]
andere leute setzen ihre gesichter auf und tragen sie ab ihr letztes hat löcher ist an vielen stellen dünn wie papier so ist hier die stille die leere langweilt mich zieht mir den schritt unter den füßen weg klappt ihn um drüben und da so ist hier die stille es wäre häßlich hier krank und in das hôtel dieu geschafft zu werden wer gibt heute noch etwas für einen gut ausgearbeiteten tod man kann kaum die fassade von notre dame betrachten
[straßenatmosphäre
krankenwagen sirenen]
ohne von einem der vielen wagen die so schnell wie möglich ins hôtel dieu hinein müssen überfahren zu werden von den touristen rede ich nicht aber davon daß diese wagen ungemein anregende milchglasfenster haben hinter denen man sich die herrlichsten agonien vorstellen kann dafür genügt die phantasie einer concierge hat man mehr einbildungskraft und schlägt sie nach anderen richtungen hin sind die vermutungen geradezu unbegrenzt und hinter den ungemein anregenden milchglasfenstern stellen sich die herrlichsten begonien vor wie es gerade kommt man kommt vor man findet ein leben vor man hat es nur noch anzuziehen man hat es nur noch auszuziehen natürlich ist bei so enormer produktion der einzelne tod nicht mehr so gut ausgeführt aber darauf kommt es nicht an und
[krankenwagen sirenen
verklingen in der ferne
atelieratmosphäre
quasidialog argotlexikon]
hinter den ungemein anregenden milchglasfenstern passiert es daß aus büchern agonien und begonien herausfallen geschieht es daß aus büchern die meine flüchtige hand öffnet rosenblätter heraus-taumeln früher wußte man daß man den tod in sich hatte die kinder hatten einen kleinen tod in sich und die erwachsenen einen großen die frauen hatten ihn im schoß
[geräusch eines orgasmus]
man muß erinnerungen haben an viele liebesnächte zum beispiel von denen keine der anderen glich
[frauenstimme
voilá votre mort
monsieur]
die vorhänge werden zurückgezogen und das robuste licht eines sommervormittags untersucht alle gegenstände des ateliers und dreht sich ungeschickt um in dem zerbrochenen spiegel
[eine scherbe bricht herunter
die scherbe lacht
die splitter kichern
ein hund bellt]
das sind die geräusche
[cello monoton f
das geräusch einer
einfahrende métro aussteigen einsteigen
lautsprecherdurchsage
abfahrt bis sich das geräusch im tunnel verliert]
das sind die geräusche am eingang zur stimmlosen stille alles was gegen osten liegt vor der sonne blendet das angeschienene ist von nebel verhangen grau in grau sonnen sich die statuen im noch nicht enthüllten garten einzelne blumen in den langen beeten stehen auf und sagen rot kaum angedeutet in der hellen luft hat das nächste schon die töne der ferne brücken die arme des flusses straßen die plätze brandmauern straßen der fluß die brücken irgend ein lichtgrüner fleck pont neuf irgend ein rot pont marie die boukinisten öffnen ihre kästen das gelb und violette braun der bücher ich lerne sehen dabei passiert es das aus büchern die ich nicht geschrieben habe daß aus büchern die ich geschrieben habe etwas heraustaumelt
[quasidialog argotlexikon]
daß ich anfangen muß es aufzuheben daß ich anfangen muß es aufzuschreiben daß ich anfangen muß es aufzuzeichnen das violette braun das lichtgrüne gelb das rot und das grau in einer vollzähligkeit in der nichts fehlt
[die stimme arthur rimbauds
a noir e blanc i rouge u vert o bleu]vokale von farben wenn das möglich wäre wenn es nur einen schein von möglichkeit hat daß sich die schrundige brandmauer auflösen ließe in einen text
[die stimme léo malets
plakatedann muß etwas geschehen dann muß ich anfangen etwas von dem versäumten zu tun vier treppen hoch diese schrundige brandmauer endlich übersetzen
die im stehen schliefen
erwachen und die poesie
zerfrißt die wände]
[quasidialog argotlexikon
bleibt als akustische
kulisse stehen]
die schwarzen flecken die über sie hinhuschen wie ein chinesisches schattenspiel endlich übersetzen ich werde ihn beschreiben müssen und zeichnen den eingang zur stimmlosen stille in den häusern die waren und den häusern die nicht mehr sind weil sie abgebrochen wurden von oben nach unten und dennoch da sind in den bloßgelegten wänden der häuser zwischen denen sie waren ich übersetze ihre innenseiten in den verschiedenen stockwerken sehe ich die zimmerwände an denen noch die tapeten kleben sehe ich den ansatz des fußbodens der decken handbreite reste von fußböden und an den wänden nägel die geblieben sind
[au clair de la lune
ami pierrot
wie von einer alten schallplatte
mit sprung]
von einem leben das sich verkrochen hat in den farben die es langsam jahr für jahr verwandelt haben blau in schimmliches grün grün in grau gelb in abgestandenes weiß das fault aber selbst in den frischeren stellen hat es sich verkrochen hinter spiegeln bildern und schränken hat es seine umrisse gezogen nachgezogen und ist mit spinnen und staub an diesen versteckten plätzen gewesen
nocturne chopins mit immer dem selben fehler an immer der selben stelle aus der erinnerung wie von einer alten schallplatte mit sprung]
die jetzt bloß liegen und brach in jedem streifen ist es gewesen der abgezogen wurde an den feuchten blasen am unteren rand der tapeten in den abgerissenen fetzen schwankt es noch und aus den garstigen flecken die vor langer zeit entstanden sind schwitzt es aus die luft steht zwischen den blau grün gelb gewesenen wän-den dieser leben eingerahmt von den bruchbahnen der abgerissenen zwischenmauern steht die zähe träge stockige luft die kein wind noch zerstreut hat stehen die mittage und die krankheiten das ausgeatmete und der jahrealte rauch der schweiß der unter der schulter ausbricht der die kleider schwer macht und das fahle aus den mündern
[geräusch eines orgasmus]
und der geruch schwitzender füße da steht noch das scharfe vom urin
[geräusch einer wasserspülung]
und das brennen vom ruß grauer kartoffeldunst und der süßliche geruch vernachlässigter säuglinge
[das schreien eines säuglings]
und vieles hat sich dazugesellt was von unten gekommen ist aus der tiefe der gasse
[geräusch von eisenbeschlagenen rädern auf kopfsteinplaster]
was herabgesickert ist von oben mit dem schmutzigen regen
[donner mit einsetzendem heftigem regen]
was zugetragen wurde von den hauswinden die immer in derselben straße bleiben
[quasidialog argotlexikon]
und es war noch anderes da von dem man den ursprung nicht wußte man hat die mauern abgebrochen bis auf die letzte von der ich spreche die ich zeichne vor der ich davonzulaufen begann sobald ich sie erkannt hatte ich habe sie mir aus büchern in denen ich sie fand abgeschrieben und übersetzt damit sie mir ganz nahe ist habe ich sie gezeichnet und mit meiner hand zerstört wie eigenes ich will es jetzt noch einmal schreiben hier will ich es zeichnen damit ich es länger habe und jedes wort eine weile andauert in jedem strich zeit hat anzudauern und zu verklingen
[das nocturne chopins beim fehler weg]
lärm am eingang zur stimmlosen stille und das sind die geräusche
[lautsprecherdurchsage türenschließen und das herausfahren der métro bis sich geräusch im tunnel verliert]
daß ich es nicht lassen kann bei offenem fenster zu schlafen autos gehen über mich weg
[pariser straßenlärm]
jemand kommt die treppe herauf
[jemand kommt die treppe herauf]
geht vorbei
[im gang vorbeigehende
schritte
ah tais-toi je ne veux
plus]
eine mädchenstimme schreit ein hund bellt
[mädchenstimme draußen
hund draußen
krähen eines hahns
draußen]
gegen morgen kräht sogar ein hahn
[cello monoton f noch
eine weile dann weg
darüber schluß
des quasidialogs argotlexikon
filer comme un zèbre
courir vite c'est un drôle de zèbre un curieux individu
zéro rien à
faire ve mee-là c'est zéro c'est une nullité en amour
zéro aucun résultat mettre à zéro rien
un bon zigue un brave
homme un bon copain
nos zigues nous-mêmes
vos zigues vous-mêmes tes zigues toi-même
zinzin bruit
etre zinzin toqué
il est zinzin
la zizique la musique
avoir le zob qui fait
mea culpa s'imposer à la suite d'excès amoureux une abstinence
absolue en mettant comme dit un vertueux des nor amis beaucoup de pudeur
dans les relations
aller se zoner aller
se coucher
zoner dormir la celle
quà zoné là cèst fini barka
zyeuter regarder tu peux
toujours me zyauter avec tes quat'zyeux avec la lunettes
der anfang von arnold
schönbergs "pierrot lunaire"
in ihn hinein die deutsch/französische
ansage].
[paris, cité internationale des arts 1990. ua einer lesefassung für einen sprecher, 26 metronome und ein cello monoton f (johannes zagrosek) am 24.9.1994 im rahmen der stuttgarter "wort für wort"-veranstaltungen im wilhelmspalais.]