Nützlich ist, sich die Entwicklung der Künstlerin seit Ende der 7Oer/Anfang der 8Oer Jahre ein wenig zu vergegenwärtigen.
In einem Spannungsfeld zwischen scheinbar naiver Malerei und einer "pittura metafisica", ästhetisierter Technik und ökologischer Klage waren und sind ihre Arbeiten Fehldeutungen ausgesetzt, haben zu beachtlichen Mißverständnissen geführt. Mustert man die bisher vorliegenden Einführungen und kritischen Auseinandersetzungen, speziell die Versuche, Verwandtschaften aufzudecken, Bezüge zu den Bildern Konrad Klapphecks, René Magrittes oder der Maschinenwelt Jean Tinguelys herzustellen, das Vegetative vor allem der früheren Arbeiten aus dem ornamentalen Jugendstil herzuleiten, so verstellen sie eher den Blick auf die Kunst Ursula Laquay-IHMs und ihre Entwicklung, als daß sie sie erklären helfen
Sie bieten weder Aussichten in die Märchenwelt der Maschinen noch Einsichten in die magische Macht der Apparate. Sie sind so wenig planer bildnerischer Beitrag zur aktuellen Diskussion der Umweltzerstörung, wie sie ein optimistisches und bejahendes Verhältnis zur Technik (auf der einen) und zur Natur (auf der anderen Seite) spiegeln. Sie lassen sich weder von den unbelehrbaren Apologeten des technischen Fortschritts für immer mehr Lebensqualität noch von den ökologischen Aussteigern für ihre Schäferspiele reklamieren.
Dieses "weder - noch", dieses Spannungsfeld zwischen Technik und Natur, scheinbar naiver Malerei und "pittura metafisica" weist - positiv gewendet - die Zeichnungen, Materialbilder und Objektkästen Ursula Laquay-IHMs zunehmend als eine Kunst zwischen den gängigen Stilen und Tendenzen, als eine Kunst des Dazwischen, der Zwischenräume aus, als einen sehr privaten und subjektiven Reflex auf Bedrängendes und Bedrohliches
Daß sich auf ihren Arbeiten zwei heterogene Welten begegnen, wird bereits auf den ersten Blick ersichtlich; die ausgesprochen indexikalischen Bildtitel geben weitere Verständnishilfe. Technische Zivilisation auf der einen und Natur/Landschaft auf der anderen Seite sind auf zumeist merkwürdige Weise verquickt, so, als könne das eine nicht ohne das andere existieren. Gleichzeitig erscheinen Natur/Landschaft und technische Zivilisation in diesem Wechselspiel und Bezugssystem auf einzelne, zumeist funktionslose Bestandteile reduziert, ist, was sich auf den ersten Blick hoffnungsvoll gibt, bei genauerem Hinsehen hoffnungslos aneinander gekettet.
Eine reduzierte, eine inkomplettte
Bildwelt also aus Apparat und Maschine, Natur und Landschaft. Die Reduktion
auf beiden Seiten läßt vermuten, daß es Ursula Laquay-IHM
bei ihren Zeichnungen und Materialbildern nicht darum geht, das eine gegen
das andere auszuspielen, der Natur gegenüber der Maschine, der technischen
Zivilisation gegenüber der Landschaft den Vorzug zu geben vice versa.
Als ästhetische Projektion stehen vielmehr die beiden Bestandteile
ihrer Bild und Bilderwelt in ihrer Kombination und Kontaminaton für
die (im Sinne Albert Camus') absurde Hoffnung eines im absurden Kompromiß
möglichen Lebens und Überlebens.
Leere Behältnisse - [...] Genau hier scheint mir aber in den letztjährigen Arbeiten Ursula Laquay-IHMs eine Verlagerung in Richung des Winters stattgefunden zu haben, ablesbar etwa einer auffälligen Vorliebe, auch Dominanz des Weißen.
Ginkgoaufzucht manipulierbar - Diesem Ader- und Schlauchsystem künstlicher Ernährung oft sonst nicht mehr lebensfähigen Lebens entsprechen auf vergleichbarer Ebene die der Landschaft, allgemein der Natur wiederholt applizierten Knöpfe, als seien Natur und Landschaft beliebig an- und ausschaltbar, manipulier- und im Medienverbund kanalisierbar wie das sogenannte Freizeitbedürfnis des Menschen.
Nekropole - Es sei auf ein Bild verwiesen, das deutlich auf Beschädigung, Vergänglichkeit, Endzeit verweist und den Titel "Nekropole" - also Totenstadt - trägt. Was auf ihm zu besichtigen ist, ist nicht der von Kunsthistorikern so beliebte Faltenwurf klassischer und klassizistischer Kunst, sondern Stoff als Bildmaterial und -element, drapiert in einem Assoziationsfeld zwischen Bett- und Leichentuch, zwischen Verband und letzter Hülle.
Ginkgoartig - Dies ergänzend ergibt sich zu "Ginkgoblatt": daß die Familie der Ginkgogewächse bereits für das Erdalterturn nachgewiesen ist in einer Artenvielfalt, von der ledigllch der Ginkgobaum überlebte. Er ist zugleich der älteste rezente Baum.
[Katalogtext 1989]