ERNST JANDL
ich begann mit experimenten in opposition
gegen den traditionalismus in der gegenwartspoesie. ausgangspunkte waren
august stramm, der frühe johannes r. becher, hans arp und gertrude
stein. das zusammentreffen mit h.c. artmann und gerhard rühm gab weitere
impulse. meine experimente nahmen oft züge der traditionellen lyrik
auf, was durch die gleichzeitige konfrontation von bekannten mit unbekannten
elementen stärkere reaktionen hervorrief. eine agressive tendenz zu
beginn verlor für mich in dem maß an bedeutung, als meine freude
an der manipulation mit dem sprachmaterial und den daraus resultierenden
entdeckungen wuchs. meine neigung zur groteske findet in einer sprachbehandlung,
die keiner konvention zu gehorchen braucht, neue möglichkeiten. so
kann der experimentelle text vollziehen, was das gedicht in konventionell
verwendeter sprache nur berichten kann. (lechts und rinks kann man nicht
velwechsern). die zahl der möglichkeiten von kombinationen bekannt-unbekannt
scheint unendlich groß. sie aufzuspüren ist um nichts leichter,
als einen brauchbaren ansatz zu einem mit herkömmlichen mitteln gearbeitetcn
gedicht zu finden (wenn man von produktionssteigerung und -verschlechterung
durch plagiierung der eigenen erzeugnisse hier wie dort absieht). einige
meiner texte sind so angelegt, daß der leser sie laut sprechen muß.
die verwendung kleiner und kleinster einheiten an stelle von sätzen
erklärt sich aus meiner beschäftigung mit solchen einheiten,
wobei am wort die größten veränderungen erzeugbar sind:
entstellungen, mißbildungen, andere wörter. auswahl, umformung,
amputation, Transplantation sind faszinierende vorgänge, wären
aber freilich bloß schaustücke, für ein anatomisches museum
der sprache, erfolgte nicht schließlich die rehabilitation im text.
[zwischen räume. 8 mal
gedichte 1963]
Die weiteren Essays
Ernst
Jandl: Wie kommt
man zu einem Verlag
Helmut Heißenbüttel:
Nachwort
Max Bense: Die
Pantomimische Funktion der Sprache
Bohumila Grögerová
/ Josef Hiršal: Let Let
Reinhard Döhl: Ernst
Jandl und Stuttgart
Programmheft