es scheint für die situation der gegenwärtigen kunst symptomatisch, daß einerseits jede kunstgattung an die grenze zu anderen kunstgattungen gerät, daß sich also sogenannte mischformen herausgebildet haben, und daß andererseits, etwa in der bildenden kunst, die vorstellung des originals, der traditionelle originalbegriff sich verschoben haben.
so ist es heute oft schwer, einen visuellen text von einer grafik, einen akustischen text von einem stück musik, eine partitur von einer grafik usw. zu unterscheiden.
auf der anderen seite hält man immer weniger an der vorstellung fest, daß z.b. im bereich der bildenden kunst das kunstwerk ein einmaliges original sei, und schenkt der erfindung, also dem, was vor der herstellung des kunstwerkes liegt, umso größere beachtung.
es ist unter anderem die frage nach der reproduzierbarkeit, die sich hier stellt.
aus diesen gründen haben seit 1960 der literat reinhard döhl und der maler gc kirchberger und seit 1966 reinhard döhl, gc kirchberger und der typograf hansjörg mayer wiederholt methodisch versucht, auch in den bereichen anderer kunstgattungen zu arbeiten.
so wurden 1966 mehrere programme für die herstellung von bildern, von zweckfreier typografie und von literarischen texten jeweils vom spezialisten aufgestellt und von allen dreien durchgeführt.
die vorliegende mappe enthält die ergebnisse der zweiten versuchsanordnung für typografie und entstand ende 1966.
vom typografen vorgegeben war ein repertoire, bestehend aus 26 alphabeten. diese 676 kleinbuchstaben sind jeweils auf das quadrat des schriftkegels, 3 cicero, auf mitte ausgeschlossen. das beiliegende programmblatt zeigt dieses repertoire alphabetisch geordnet.
vorgegeben waren ferner die 3 grundfarben als buchdrucktagesleuchtfarben und schwarz und eine aus 676 rasterpunkten bestehende fläche entsprechend den positionen der buchstaben des programmblattes.
auf jedem rasterpunkt dieser fläche konnte jeder buchstabe um 90, 180 bzw. 270 grad gedreht werden.
schließlich waren nicht mehr als 12 druckgänge erlaubt.
die aufgabe bestand darin, aus dem vorgegebenen repertoire und den gegebenen möglichkeiten eine sinnvolle auswahl zu treffen und mit dem gewählten repertoire unter den gewählten möglichkeiten 4 blätter zu drucken, die ihrerseits eine serie bilden sollten, wobei bewußt freigestellt wurde, ob sich der hersteller für eine zweckfreie typografische lösung oder visuell bestimmte texte entscheiden wollte.
[vorwort zur mappe typografie 2. stuttgart: edition hansjörg mayer 1967]