Stufen | In der Falte die Farbe | Alte Parabel | Dinge, aus Erinnerung | Das Brückenspiel | Requisiten | Bestimmungen | Polonaise | Schritte unter dem Fenster | Dazwischen liegt die Zeit
Das Grab von Gestern hatte
keinen Stein,
kein Monument gesetzt der
Sterblichkeit,
das Grab lag aufgeworfen
und allein.
Das Grab von heute hat keinen
Sinn,
Palast des Todes, - und
die Erblichkeit
deiner Krankheit weht drüber
hin.
Das Grab von Morgen hat keine
Erde,
schwarze Vögel decken
es zu,
fallen herab mit müder
Gebärde.
Mein Grab soll in den Wüsten
sein,
Wüsten aus Sand, wie
du, -
und in den Stunden zerrinnen
zu Stein.
Das ist nachts,
wenn der Schlaf mich flieht
und ich mit den Schatten
spreche,
das ist nachts,
wenn der Vogel zieht,
der dunkle Vogel.
Bild und Raum
ins Wesen gekehrt,
Sprache und Licht der Schatten,
doch das Licht ist jenen
verwehrt,
wenn alles Nacht ist.
Faltentuch
und das Gelbe hebt
müde die schweren Lider,
wenn ein Traum durch die
Träume webt
von fremden Dingen.
Gelb und Grün,
und was du zählst,
sind keine Zahlen, nur Farben.
Farben der Angst,
die du dir erwählst,
nachtblasse Farben.
Bögen spannen sich über
Täler,
weite Bögen ins Land,
und alle baute meine Hand,
-
Bögen hab ich gezogen,
Kinderbögen im Sand.
Müde alte Hände,
Madonnen malen sie nicht,
alles war, und das Ende
sind Striche in deinem Gesicht.
Dort sind die Bögen
gezogen,
eine schlechte Kopie
von einem Bilderbuchbogen,
-
Bilder von gestern früh.
Irgendwo liegt die Erinnerung,
auch für die Tage,
die rauschlos leer an dir
vorübergehn,
und wartet.
Eine alte Sage
erzählt die Mutter
abends,
und im Zimmer stehn
ins Dunkel einer Kindernacht
gereiht,
Wort und Wort,
Bild und Bild,
Dinge, aus Erinnerung befreit:
alter Helm und schwerer
Schild.
Irgendwo liegt die Erinnerung,
auch für die Tage,
die rauschlos leer an dir
vorübergehen.
Laß alles ruhn, faß
nach dem Bild
und reiße es in viele
Stücke,
der Fluß, der tiefer
fließt, geht wild,
und Fetzen taumeln von der
Brücke.
Vielleicht ist es, daß
etwas grüßt,
ein Auge, das aus diesem
Wasser blickt.
das trübe, braun sich
wälzt und weiterfließt,
und du hast dich hinabgebückt.
Und schon in Fallen ist es
leer
und weggewischt, du fällst
verloren
in kalten Tod, und du fällst
schwer,
aus deiner Hoffnung nicht
geboren,
und bist der Blick, den mancher
sieht
und sucht, und wie in einem
Spiel
aus seiner Einsamkeit entflieht
und fällt, fällt
ohne Ziel.
Stunde ist es im Beginn,
im Vorübergehn,
und dazwischen bleibt ein
Sinn,
Sinn für wen?
Frage, seit es Anfang ist,
Tage werden blaß,
Frage, die du selber bist,
fragst du: was?
Einsamkeit, seit Zeiten sind,
Zeiten sehen zu,
alle Fenster wurden blind,
und du?
Abgebrochne Feder, du,
auf Papier,
abgebrochner Satz: wozu
bleibst du hier.
Nie will ich Dichter sein,
nur meine Hände auf
Seiten legen,
die sich brennen lassen,
und ihre Asche wie den Regen
als Augenblicke immer wieder
fassen.
Die alte steile Treppe sein,
wie Stufen unter Schritten
knarren
und ungehört im Haus
verklingen,
wie Räder eines alten
Karren
durch Straßen immer
weiter singen.
Wie eine Turmuhr sein,
mit langen Schlägen
die nie geteilte Zeit zerteilen
und Pausen in die Stunden
legen
und nie an einem Punkt verweilen.
Wie eine letzte Frage sein,
wenn alle Fragen längst
verloren,
und unerkannt im Raume stehn
will ich, und dann mit tauben
Ohren
durch Angst und Nacht nach
Hause gehn.
Manches geht an dir vorbei,
Lied und Wanderstab,
manchem stehst du still
dabei,
Lied und Grab.
Eines ist, das andre wie,
beides faßt du kaum,
Frage, Antwort, Ende, -
nie
grünt der Baum
Ewigkeiten, Nacht und Wind
gehen drüber hin,
Ewigkeit, da Menschen sind,
seit Beginn.
Immer sagst du: da und hier,
ach, du fragst zu viel,
was dich sucht und faßt
nach dir,
ist nur Spiel.
Abends scheinen die Lichter
endlos, an langen Straßen
aufgereiht, müde Gesichter,
Nässe auf atmendem
Rasen.
Fläche atmender Nacht,
Spiegel silberner Schatten,
und im Dunkel der Schacht,
schlaflos liegen die Satten.
Wenn die Schritte der Pärchen
in dem Dunkel verklungen
-
ewig nächtliches Märchen,
an den Wiegen gesungen.
Nachtauf mein Fenster steht
weit,
müde bin ich und leer,
fern aus der Dunkelheit
bellt ein Hund zu mir her.
Abends scheinen die Lichter
endlos, sie schlafen nicht,
auf dem Meer der Gesichter
treibt auch mein Gesicht.
Morgen, sagen die Andern,
und in den Worten,
die sie wie Schätze
horten,
gehen sie wandern.
Gestern, schreien die Satten,
und sie zerreißen
die weißen
Tücher, die sie einst
hatten.
Heute, sage ich,
und in den Rosen
und Herbstzeitlosen
finde ich mich.
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